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Offener Brief der 138 muslimischen Theologen
an christliche Kirchenführer
13. Oktober 2007
A. Übersetzung aus dem
Englischen
C. Kommentar
2
erloschene externe Links sind grau
unterlegt.
Der offizielle autorisierte englische Text ist unter acommonword.com zu finden. Die hier vorliegende Übersetzung habe ich von der Tagespost übernommen, wo
sie als Arbeitsübersetzung bezeichnet wird. Einige Stellen der Übersetzung,
insbesondere die Textnummern 16 und 21, habe ich überarbeitet. Zwei weitere Übersetzungen wurden vonyy
Michael M. Hanel und Abd al Hadidth Wentzel in privater Initiative angefertigt. Dort finden sich auch – am
Ende jeder Seite – die Anmerkungen, die ich hier lediglich numeriere.
Im Namen Gottes des
Barmherzigen, des Gnädigen
anlässlich des Eid al-Fitr
al-Mubarak 1428 A.H. / 13. Oktober 2007
und des Jahrestages des
Offenen Briefes von 38 islamischen Wissenschaftlern
an Seine Heiligkeit, Papst
Benedikt XVI.
Ein gemeinsames Wort
zwischen uns und Ihnen
(Zusammenfassung
und Kurzfassung)
1
Muslime und Christen gemeinsam stellen
mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung. Ohne Frieden zwischen diesen beiden
religiösen Gemeinschaften kann es keinen wirklichen Frieden in der Welt geben.
Die Zukunft der Welt hängt vom Frieden zwischen Muslimen und Christen ab. Die
Basis für diesen Frieden und dieses gegenseitige Verständnis ist bereits
gegeben. Sie ist Teil der Grundprinzipien beider Glaubensüberzeugungen: Liebe
den einen Gott und liebe deinen Nächsten. Diese Prinzipien finden sich immer
wieder in den heiligen Texten des Islam und des Christentums. Die Einzigkeit
Gottes, die Notwendigkeit, ihn zu lieben und die Notwendigkeit der Liebe zum
Nächsten ist daher eine gemeinsame Basis für den Islam und das Christentum. Die
folgenden Zitate sind dafür einige Beispiele:
2
Zum Thema Einzigkeit Gottes sagt
Gott im Heiligen Koran: "Er ist Allah, der Einzige; Allah, der Unabhängige und von
allen Angeflehte." (Reinheit des Vertrauens, 112:1–2) Zum Thema Liebe zu Gott, sagt
Gott im Heiligen Koran: "So gedenke des Namens deines Herrn und weihe dich Ihm
ausschließlich." (Der in Gewänder Gekleidete, 73:8) Zum Thema Nächstenliebe sagt der
Prophet Mohammed: "Niemand
von euch hat den Glauben, es sei denn ihr liebt euren Nächsten mit derselben
Liebe, mit der ihr euch selbst liebt."
Im Neuen Testament sagt Jesus
Christus: "Jesus antwortete: Das erste ist: Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der
einzige Herr. Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen
und ganzer Seele, mit all deinen Gedanken und all deiner Kraft. Als zweites
kommt hinzu: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Kein anderes
Gebot ist größer als diese beiden." (Markus 12, 29–31)
Im Heiligen Koran fordert der
Allerhöchste Gott die Muslime auf, den folgenden Aufruf an die Christen (und
die Juden – das Volk der Bibel) zu richten: Sprich: "O Volk der Schrift (Bibel), kommt herbei zu
einem Wort, das gleich ist zwischen uns und euch: daß wir keinen anbeten denn
Allah und daß wir Ihm keinen Teilhaber zur Seite stellen und daß nicht die
einen unter uns die anderen zu Herren nehmen statt Allah." Doch wenn sie
sich abkehren, dann sprecht: "Bezeugt, daß wir uns (Gott) ergeben
haben." (Das Sippe Imrams, 3:64)
5
Die Worte "und daß wir Ihm keinen Teilhaber
zur Seite stellen" beziehen sich auf die Einzigkeit Gottes und die Worte: "daß wir keinen anbeten
denn Allah"
bedeuten, daß man sich völlig Gott widmet. Also beziehen sie sich alle auf das
älteste und größte Gebot. Nach einem der ältesten und wichtigsten Kommentare
des Heiligen Korans sind die Worte "niemand von uns soll einen anderen Gott neben sich
haben" so zu
verstehen, daß "niemand
einem anderen gehorchen soll, wenn dessen Befehle im Gegensatz zu Gottes
Anordnungen stehen". Dies bezieht sich auf das Zweite Gebot, weil Gerechtigkeit und
Religionsfreiheit ein wesentlicher Teil der Nächstenliebe sind. Im Gehorsam
gegenüber dem Heiligen Koran laden wir als Muslime die Christen ein, mit uns
auf der Basis dessen, was uns gemeinsam ist, zusammenzukommen, nämlich auf der
Basis dessen, was für unser beider Glauben und Praxis wesentlich ist: die
beiden Gebote der Liebe. Im Namen Gottes des Barmherzigen, des Gnädigen. Und
möge der Friede und der Segen auf dem Propheten Mohammed ruhen.
Im Namen Gottes des
Barmherzigen, des Gnädigen
Und möge der
Friede und der Segen auf dem Propheten Mohammed ruhen.
Ein gemeinsames Wort
zwischen uns und Ihnen
6
Rufe auf zum Weg deines Herrn
mit Weisheit und schöner Ermahnung, und streite mit ihnen auf die beste Art. Wahrlich,
dein Herr weiß am besten, wer von Seinem Wege abgeirrt ist; und Er kennt am
besten jene, die rechtgeleitet sind. (Der Heilige Koran, Die Biene, 16:125)
(I) Die Liebe zu Gott
Die Liebe zu Gott im Islam
Glaubensbekenntnisse
Der zentrale Glaube des Islam
beruht auf zwei Glaubensbekenntnissen oder "Shahadahs", in denen es
heißt: "Es gibt keinen Gott außer Gott,
Mohammed ist der Bote Gottes." Diese
beiden Glaubensbekenntnisse sind das sine qua non des
Islam. Derjenige oder diejenige, die sich dazu bekennen, sind als Muslim zu
bezeichnen; derjenige oder diejenige, die diese ablehnen, sind nicht als Muslim
zu bezeichnen. Darüber hinaus hat der Prophet Mohammed gesagt: "Das Beste ist, daß es
keinen Gott außer Gott gibt."
Das Beste, was
die Propheten gesagt haben
Um den Gedanken des
"Besten" weiter auszuführen, hat der Prophet Mohammed auch gesagt: "das "Das Beste ist,
daß es keinen Gott außer Gott gibt.", was ich gesagt habe, ich selbst und
die Propheten, die vor mir gekommen sind, ist: "Es
gibt keinen Gott außer Gott, er allein, er hat keinen Teilhaber, sein ist die
Herrschaft und sein der Lobpreis und er hat die Macht über alle Dinge." Diese Zitate, die auf das erste
Glaubensbekenntnis folgen, sind alle aus dem Heiligen Koran; alle beschreiben
eine Art und Weise der Liebe zu Gott und der Verehrung für ihn.
Die Worte "Er allein" erinnern Muslime daran, daß ihre
Herzen Gott allein geweiht sein müssen, weil Gott im Heiligen Koran
sagt: "Allah
hat keinem Manne zwei Herzen in seinem Innern gegeben." (Die
Verbündeten, 33:4).
Gott ist absolut und deshalb muß seine Verehrung aus tiefster Überzeugung
kommen.
10
Die Worte "Er hat keinen
Teilhaber"
erinnert Muslime daran, daß sie allein Gott lieben müssen, ohne jegliche
Rivalen in ihrer Seele zu haben, weil Gott im Heiligen Koran sagt: "Und doch gibt es Leute,
die sich andere zur Anbetung nehmen und sie lieben, als sei das die Liebe zu
Allah. Doch die Gläubigen sind stärker in ihrer Liebe zu Allah..." (Die
Kuh, 2:165) In
der Tat, "dann
erweicht sich ihre Haut und ihr Herz zum Gedenken Allahs....." (Die
Gruppen, 39:23)
11
Die Worte "Sein ist die
Herrschaft"
erinnert Muslime daran, daß all ihre Gedanken und jegliches Verstehen völlig
Gott gewidmet sein muß, denn "die Herrschaft" ist präzise alles in
der Schöpfung und alles, was der Verstand wissen kann. Und alles ist aus
Gottes Hand, weil Gott im Heiligen Koran sagt: "Segensreich ist Der, in Dessen Hand die Herrschaft
ist; und Er vermag alle Dinge zu tun." (Die Herrschaft, 67:1)
12
Die Worte "Sein ist der
Lobpreis"
erinnert Muslime daran, daß sie Gott dankbar sein müssen und daß sie ihm
vertrauen müssen mit all ihren Gefühlen und Empfindungen. Gott sagt im
Heiligen Koran:
"Und wenn du sie fragst:
"Wer hat die Himmel und die Erde geschaffen und die Sonne und den Mond
dienstbar gemacht?" dann werden sie gewißlich sagen: "Allah".
Wieso lassen sie sich dann abwendig machen? Allah weitet und beschränkt die
Mittel zum Unterhalt, wem Er will von Seinen Dienern. Wahrlich, Allah hat volle
Kenntnis von allen Dingen. Und wenn du sie fragst: "Wer sendet Wasser vom
Himmel nieder und belebt damit die Erde nach ihrem Tod?" – dann werden sie
gewiß sagen: "Allah".
Sprich: "Aller Preis gebührt Allah" Jedoch die meisten von ihnen
verstehen es nicht." (Die Spinne, 29–61–63) Für all diese Gaben und für
vieles mehr müssen die Menschen immer wahrhaft dankbar sein: "Allah ist es, der die
Himmel und die Erde erschuf und Wasser niederregnen ließ von den Wolken und
damit Früchte hervorbrachte zu eurem Unterhalt, und Er hat euch die Schiffe
dienstbar gemacht, daß sie das Meer durchsegeln nach Seinem Gebot, und Er hat
euch die Flüsse dienstbar gemacht. Und dienstbar machte Er euch die Sonne und
den Mond, die unablässig ihren Lauf Vollziehenden. Und dienstbar machte Er euch
die Nacht und den Tag. Und Er gab euch alles, was ihr von Ihm begehrtet; und
wenn ihr Allahs Wohltaten aufzählen wolltet, ihr würdet sie nicht berechnen
können. Siehe, der Mensch ist wahrlich frevelhaft, undankbar." (Abraham,
14:32–34) (vi)
In der Tat beginnt "Die
Öffnung" – das bedeutendste Kapitel im Heiligen Koran (vii) – mit dem Lobpreis Gottes: "Im Namen Allahs, des
Gnädigen, des Barmherzigen. Lobpreis sei Allah, dem Herrn der Welten, dem
Gnädigen, dem Barmherzigen, dem Herrn des Gerichtstages. Dir allein dienen wir,
und zu Dir allein flehen wir um Hilfe. Führe uns auf den geraden Weg, den Weg
derer, denen Du Gnade erwiesen hast, die nicht (Dein) Mißfallen erregt haben
und die nicht irregegangen sind." (Die Öffnung, 1:1–7)
"Die Öffnung", die von
den Muslimen im Rahmen der vorgeschriebenen Gebete siebzehnmal täglich
gesprochen wird, erinnert uns an den Lobpreis und die Dankbarkeit, die wir Gott
schulden für alle seine Eigenschaften der unendlichen Güte und der allmächtigen
Barmherzigkeit, nicht nur für seine Güte und Barmherzigkeit uns gegenüber
während unseres Lebens, sondern letztendlich auch am Tag des Gerichts (viii), wenn es am wichtigsten ist und
wenn wir die Hoffnung haben, daß uns unsere Sünden vergeben werden. Daher endet
diese Sure mit Gebeten um Gnade und Führung, damit wir – durch das, was mit
Lobpreis und Dank beginnt – Rettung und Liebe erlangen, denn Gott sagt im
Heiligen Koran: "Diejenigen,
die da glauben und gute Werke tun – ihnen wird der Gnadenreiche Liebe zukommen
lassen." (Maria, 19:96)
13
Die Worte "Und er hat Macht über
alle Dinge"
erinnern Muslime daran, daß sie Gottes Allmacht niemals vergessen dürfen und
deshalb Gott (ix) fürchten
müssen. Gott sagt im Heiligen Koran: "Und fürchtet Allah und wisset, daß Allah mit den
Gottesfürchtigen ist. Spendet für Allahs Sache, und stürzt euch nicht mit
eigener Hand ins Verderben, und tut Gutes; wahrlich, Allah liebt die Gutes
Tuenden.... (Die Kuh, 2:194–5) ...Und fürchtet Allah und wisset, daß Allah streng im Strafen
ist." (Die Kuh, 2:196) Aus der Furcht Gottes heraus sollen alle Handlungen, alle
Kraft und alle Gewalt der Muslime völlig auf Gott gerichtet sein.
Gott sagt im Heiligen Koran: "...und wisset, daß Allah mit den Gottesfürchtigen ist. (Die
Buße, 9:36) ... O die ihr glaubt, was ist mit
euch, daß ihr euch schwer zur Erde sinken lasset, wenn euch gesagt wird:
"Ziehet aus auf Allahs Weg"? Würdet ihr euch denn mit dem Leben
hienieden, statt mit jenem des Jenseits, zufrieden geben? Doch der Genuß des irdischen
Lebens ist gar klein, verglichen mit dem künftigen.
Wenn ihr nicht auszieht, wird
Er euch strafen mit schmerzlicher Strafe und wird an eurer Stelle ein anderes
Volk erwählen, und ihr werdet Ihm gewiß keinen Schaden tun. Allah hat Macht
über alle Dinge." (Die Buße, 9:38–39)
14
Die Worte "Sein ist die Herrschaft
und ihm allein gebührt die Ehre und er hat die Macht über alle Dinge", wenn man sie in ihrer
Gesamtheit betrachtet, erinnern Muslime daran, daß, ebenso wie alles in der
Schöpfung Gott verherrlicht, auch all das, was in ihren Seelen ist, Gott gewidmet sein muß: "Was in den Himmeln ist
und was auf Erden, preist Allah; Sein ist das Königreich und Sein das Lob, und
Er vermag alle Dinge zu tun." (Wechselseitiger Betrug, 64:1) Denn tatsächlich ist all das,
was in den Seelen der Menschen ist, Gott bekannt
und dafür muß vor Gott Rechenschaft gegeben werden: "Er weiß, was in den
Himmeln und auf Erden ist, und Er weiß, was ihr verhehlt und was ihr offenbart;
und Allah kennt alles, was in den Herzen (der Menschen) ist." (Wechselseitiger
Betrug, 64:4)
15
Wie wir aus den oben zitierten
Textstellen erkennen können, wird die Seele im Koran als mit drei Haupteigenschaften ausgestattet
dargestellt: der Geist oder Verstand, der dazu dient, die Wahrheit zu erfassen; der Wille, der dazu dient, die Freiheit
der Wahl zu haben, und das Gefühl,
der dazu dient, das Gute und Schöne (x) zu lieben. Oder, anders ausgedrückt, wir können auch sagen, daß
die Seele durch Erkennen die Wahrheit besitzt, durch den Willen das Gute in sich trägt und durch
tugendhafte Gemütsbewegungen Liebe zu Gott empfindet. Weiter
heißt es im selben Kapitel des Heiligen Koran (so wie oben zitiert), daß Gott
den Menschen befohlen hat, ihn so weit als möglich zu fürchten, auf ihn zu
hören (und so die Wahrheit zu erkennen); ihm zu gehorchen (und so das Gute zu
wollen) und gute Werke zu tun (und so also Liebe und Tugendhaftigkeit
auszudrücken), was, wie Er sagt, besser für unsere Seelen ist. Indem wir alles
in unserer Seele einsetzen – die Fähigkeiten des Verstandes, des Willens und
der Liebe – können wir gereinigt werden und endgültigen Erfolg erlangen: "So fürchtet Allah, soviel
ihr nur könnt, und höret und gehorchet und spendet: es wird für euch selbst
besser sein. Und wer vor seiner eigenen Habsucht bewahrt ist – das sind die
Erfolgreichen." (Wechselseitiger Betrug, 64:16)
a) Zusammengefaßt ist
zu sagen, daß, wenn man den ganzen Ausdruck "Er allein,
er hat keinen Teilhaber, sein ist die Macht und ihm gebührt der Lobpreis, und
er hat Macht über alle Dinge" mit dem Glaubensbekenntnis verbindet – "Es gibt keinen anderen
Gott außer Gott"
– so erinnert das Muslime daran, daß ihre Herzen, ihre einzelnen Seelen
und all ihre
Fähigkeiten und Kräfte ihrer Seelen (oder, einfacher gesagt, ihre ganzen Herzen und Seelen) völlig Gott gewidmet und ihm
zugewandt sein müssen. Denn Gott sagt zum Propheten Mohammed im Heiligen Koran:
"Sprich:
,Mein Gebet und mein Opfer und mein Leben und mein Tod gehören Allah, dem Herrn
der Welten. Er hat keinen Teilhaber (partner). Also ist mir geboten, und ich
bin der erste der Gottergebenen.' Sprich: ,Sollte ich einen anderen Herrn
suchen denn Allah, da Er aller Dinge Herr ist?" Und keine Seele wirkt, es
sei denn gegen sich selbst, und keine Lasttragende trägt die Last einer
anderen'..." (Das Vieh, 6:162–164)
b) Diese Verse verkörpern die
vollständige und äußerste Hingabe Mohammeds an Gott. Daher schreibt Gott den
Muslimen, die Gott wirklich lieben, im Koran vor, diesem Beispiel (xi) zu folgen, um im Gegenzug von
Gott geliebt zu werden (xii):
"Sprich (Oh
Mohammed vor den Menschen): Liebt ihr Allah, so folget mir; (dann) wird Allah
euch lieben und euch eure Fehler verzeihen; denn Allah ist allverzeihend,
barmherzig." (Sippe Imrans, 3:31)
c) Im Islam ist so die
Liebe zu Gott Teil der vollkommenen und ganzen Hingabe an Gott; es ist nicht
ein bloß flüchtiges, nur einen Teil des Menschen berührendes Gefühl. Wie oben
gesehen, befiehlt Gott im Heiligen Koran: "Sprich: ,Mein Gebet und mein Opfer und mein Leben
und mein Tod gehören Allah, dem Herrn der Welten. Er hat keinen Teilhaber.' Die Aufforderung, sich Gott mit
Herz und Seele völlig hinzugeben und zuzuwenden ist – weit davon entfernt, eine
Aufforderung zu einer bloßen Gefühlsregung oder Stimmung zu sein, vielmehr eine
Vorschrift, die eine allumfassende, immerwährende und aktive Liebe zu Gott
erfordet. Sie verlangt eine Liebe, an der die geistige Mitte des Herzens und
die Ganzheit der Seele – mit ihrem Verstand, ihrem Willen und ihrem Gefühl –
durch Hingabe beteiligt ist.
Nichts ist
besser
Wir haben gesehen, wie das
heilige Zitat: "Es gibt keinen Gott außer Gott, er
allein, er hat keinen Teilhaber, sein ist die Herrschaft und ihm allein gebührt
die Ehre und er hat die Macht über alle Dinge." – welches das Beste ist, was
alle Propheten gesagt haben – explizit das erklärt, was impliziert ist in dem
Ausdruck "das Beste" (Es gibt keinen Gott außer Gott) indem uns gezeigt wird, was dies erfordert und was es
beinhaltet im Blick auf die Verehrung. Es bleibt noch zu sagen, daß diese
gesegnete Formel bereits in sich selbst eine heilige Anrufung ist – eine Art
Ausweitung des ersten Glaubensbekenntnisses (Es gibt keinen Gott außer Gott) –, dessen rituelle Wiederholung,
durch die Gnade Gottes, dazu führen kann, einige der geforderten religiösen
Haltungen herbeizuführen, darunter insbesondere die Liebe zu Gott und die
Verehrung Gottes aus ganzem Herzen, aus ganzer Seele und aus ganzem Sinn, aus
ganzem Willen oder aus ganzer Stärke und mit allen Gefühlen. Deshalb
unterstreicht der Prophet Mohammed diese wichtige Empfehlung mit den Worten:
"Derjenige, der mehr als
hundert Mal am Tag sagt: ,Es gibt keinen Gott außer Gott, er allein,
er hat keinen Teilhaber, sein ist die Herrschaft und ihm allein gebührt die
Ehre und er hat die Macht über alle Dinge.' ist
demjenigen ebenbürtig, der zehn Sklaven die Freiheit schenkt und ihnen werden
hundert gute Taten angerechnet und hundert böse Taten werden ausgelöscht und
sie sind an diesem Tag bis zum Abend vor dem Teufel geschützt. Und niemand
bietet etwas Besseres als das an, es sei denn derjenige, der noch mehr als das
tut."
(xiii)
Um es mit anderen Worten zu
sagen, die gesegnete Empfehlung "Es gibt
keinen Gott außer Gott, er allein, er hat keinen Teilhaber, sein ist die
Herrschaft und ihm allein gebührt die Ehre und er hat die Macht über alle
Dinge."
verlangt und impliziert nicht nur allein, daß Muslime sich einer völligen
Hingabe an Gott befleißigen und Ihn mit ganzem Herzen und ganzer Seele und
ihrem ganzen Sein lieben müssen. Gleichzeitig bietet diese Empfehlung auch
einen Weg, wie bereits der Beginn (das Glaubensbekenntnis) – durch die ständige
Wiederholung (xiv)–
diese Liebe mit dem ganzen Sein auszudrücken. Gott sagt in einer der ersten
Offenbarungen im Heiligen Koran: "So gedenke des Namens deines Herrn und weihe dich Ihm
ausschließlich." (Der in Gewänder Gekleidete 73:8)
Die Liebe zu Gott als das erste und größte
Gebot in der Bibel
18
In der Shema im Buch
Deuteronomium (6, 4–5), ein Herzstück des Alten Testamentes und der jüdischen
Liturgie, heißt es: "Höre, Israel! Jahwe, unser Gott,
Jahwe ist einzig. Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem
Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft." (xv) Ähnliches findet sich im Neuen
Testament, als Jesus, der Messias, nach den wichtigsten Geboten gefragt wird
und antwortet: "Als die Pharisäer hörten,
daß Jesus die Sadduzäer zum Schweigen gebracht hatte, kamen sie (bei ihm)
zusammen. Einer von ihnen, ein Gesetzeslehrer, wollte ihn auf die Probe stellen
und fragte ihn: Meister, welches Gebot im Gesetz ist das wichtigste? Er
antwortete ihm: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit
ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken. Das ist das wichtigste und erste Gebot. Ebenso wichtig
ist das zweite: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. An diesen
beiden Geboten hängt das ganze Gesetz samt den Propheten." (Matthäus
22, 34–40) Und
ebenso: "Ein
Schriftgelehrter hatte ihrem Streit zugehört; und da er bemerkt hatte, wie
treffend Jesus ihnen antwortete, ging er zu ihm hin und fragte ihn: Welches
Gebot ist das erste von allen? Jesus antwortete: Das erste ist: Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der einzige Herr. Darum
sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele,
mit all deinen Gedanken und all deiner Kraft. Als zweites kommt hinzu: Du sollst deinen Nächsten lieben wie
dich selbst. Kein anderes Gebot ist größer
als diese beiden." (Markus 12, 28–31)
Das Gebot der Liebe Gottes ist
daher "das
Wichtigste und Erste Gebot" der Bibel. In der Tat findet man es auch an vielen anderen
Stellen der Bibel, darunter in: Deuteronomium 4, 29, 10, 12, 11, 13 (auch Teil der Shema), 13, 3, 26, 16, 30, 2, 30, 6,
Josua 22, 5, Markus 12, 32–33 und Lukas 10,
27–28.
19
Andererseits findet sich dieses
Gebot an verschiedensten Stellen der Bibel in leicht veränderter Form und
Ausdrucksweise. So zum Beispiel in Matthäus 22, 37 (Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem
Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken). Das griechische Wort für
"Herz" ist "kardia", das Wort für Seele ist
"psyche" und das Wort für Gedanken ist "dianoia"). In der
Version bei Markus
12, 30 (Darum
sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele,
mit all deinen Gedanken und all deiner Kraft) wird das Wort "Kraft" zu den oben genannten drei
anderen Worten hinzugefügt, eine Übersetzung des griechischen Wortes
"ischus".
Die Worte des Gesetzeslehrers bei
Lukas 10, 27 (die von Jesus in Lukas 10, 28 bestätigt werden) enthalten die
dieselben vier Ausdrücke wie in Markus 12, 30. Die Worte des Gesetzeslehrers in
Markus 12, 32 (die von Jesus in Markus 12, 34 bestätigt werden) enthalten die
drei Ausdrücke "kardia" ("Herz"), "dianoia"
("Gedanken") und "ischus" ("Kraft"). In der Shema
in Deuteronomium
6, 4–5 heißt es:
("Höre, Israel! Jahwe, unser Gott, Jahwe ist einzig.
Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer
Seele und mit ganzer Kraft). Im Hebräischen ist das Wort für "Herz"
"lev", das Wort für "Seele" "nefesh" und das Wort
für "Kraft" "meod"). Im Buch Josua 22, 5 werden die Israeliten von Josua
mit den folgenden Worten aufgerufen, Gott zu lieben und ihm ergeben zu sein: "Achtet aber genau darauf,
das Gebot und das Gesetz zu erfüllen, das euch Mose, der Knecht des Herrn,
gegeben hat: den
Herrn, euren Gott, zu lieben, auf allen seinen Wegen zu gehen, seine Gebote zu
halten, euch ihm anzuschließen und ihm von ganzem Herzen und ganzer Seele zu
dienen." (Josua
22, 5)
20
Was all diesen verschiedenen
Formulierungen gemeinsam ist – ungeachtet der sprachlichen Unterschiede
zwischen dem Hebräischen des Alten Testaments, den Originalworten Jesus in
Aramäisch und den tatsächlichen Übertragungen ins Griechische des Neuen
Testaments –, ist die Aufforderung, Gott gänzlich und mit Herz und Seele zu
lieben und ihm ergeben zu sein. Dieses ist das Erste und Wichtigste Gebot für
alle Menschen.
Im Lichte dessen, was, wie wir
gesehen haben, die gesegneten Worte des Propheten Mohammed: "Das Beste, was ich gesagt
habe – ich selbst und alle Propheten, die vor mir kamen – ist dieses: "Es gibt keinen Gott außer Gott,
er allein, er hat keinen Teilhaber, sein ist die Herrschaft und ihm allein
gebührt die Ehre und er hat die Macht über alle Dinge." (xvi) notwendig implizieren und
hervorrufen, können wir jetzt vielleicht verstehen, daß die Worte "Das Beste, was ich gesagt
habe – ich selbst und alle Propheten, die vor mir kamen" eine genaue Gleichsetzung der gesegneten Formel "Es gibt keinen
Gott außer Gott, er allein, er hat keinen Teilhaber, sein ist die Herrschaft
und ihm allein gebührt die Ehre und er hat die Macht über alle Dinge." mit dem "Ersten
und Wichtigsten Gebot"darstellen, nämlich Gott mit ganzem Herzen und ganzer Seele zu lieben, so wie es an verschiedenen
Stellen der Bibel zu finden ist. Das bedeutet also, um es mit anderen Worten
auszudrücken, daß der Prophet Mohammed, vielleicht durch Inspiration, das Erste
Gebot der Bibel neu formuliert und darauf verwiesen hat. Gott weiß es am
besten, aber wir haben sie in ihrer faktischen Bedeutungsähnlichkeit erkannt.
Darüber hinaus wissen wir auch (wie aus den Fußnoten ersichtlich ist), daß
beide Formeln eine weitere erstaunliche Parallele aufweisen: die Art und Weise,
wie sie in einer Reihe von leicht unterschiedlichen Abwandlungen und Formen in
unterschiedlichen Sinnzusammenhängen auftreten und dennoch alle die völlige
Liebe zu Gott und die Hingabe an ihn vorrangig betonen. (xvii)
(II) Liebe deinen Nächsten
Die Nächstenliebe im Islam
22
Es gibt zahlreiche Vorschriften
im Islam über die Notwendigkeit und die vorrangige Bedeutung der Liebe zum –
und der Barmherzigkeit gegenüber – dem Nächsten. Die Liebe zum Nächsten ist ein
essenzieller und integraler Bestandteil des Glaubens an Gott und der Liebe zu
Gott, weil es im Islam ohne die Liebe zum Nächsten keinen wahren Glauben an
Gott und keine Rechtschaffenheit gibt. Der Prophet Mohammed sagt: "Niemand von euch hat
Glauben, wenn er nicht seinen Bruder so liebt, wie sich selbst." (xvi) Und: "Niemand
von euch hat Glauben, wenn er nicht seinen Nächsten so liebt, wie sich
selbst." (xix) Dennoch sind Empathie und
Mitgefühl für den Nächsten – und sogar formale Gebete – nicht genug. Sie müssen
begleitet sein von Großzügigkeit und Selbstaufopferung. Gott sagt im Heiligen
Koran:
"Nicht darin besteht
Tugend, daß ihr euer Antlitz (xx) nach
Osten oder nach Westen kehrt, sondern wahrhaft gerecht ist der, welcher an
Allah glaubt und an den Jüngsten Tag und an die Engel und das Buch und die
Propheten und aus Liebe zu Ihm Geld ausgibt für die Angehörigen und für die
Waisen und Bedürftigen und für den Wanderer und die, die um eine milde Gabe
bitten, und für (Loskauf der) Gefangenen, und der das Gebet verrichtet und die
Zakât zahlt; sowie jene, die ihr Versprechen halten, wenn sie eins gegeben
haben, und die in Armut und Krankheit und in Kriegszeit Standhaften; sie sind
es, die sich als redlich bewährt haben, und sie sind die
Gottesfürchtigen." (Die Kuh, 2:177)
Und ebenso: "Nie könnt ihr zur vollkommenen
Rechtschaffenheit gelangen, solange ihr nicht spendet von dem, was ihr liebt;
und was immer ihr spendet, wahrlich, Allah weiß es wohl." (Das Sippe
Imrans, 3:92)
Wenn wir nicht dem Nächsten das geben, was wir selber lieben, lieben wir weder
Gott wirklich, noch den Nächsten.
Die Nächstenliebe in der Bibel
23
Wir haben bereits die Worte des
Messias, Jesus Christus, über die oberste Wichtigkeit, übertroffen nur von der
Liebe zu Gott, der Nächstenliebe zitiert: "Das ist das
wichtigste und erste Gebot. Ebenso wichtig ist das zweite: Du sollst deinen
Nächsten lieben wie dich selbst. An diesen beiden Geboten hängt das ganze
Gesetz samt den Propheten." (Matthäus 22, 38–40) Und: "Als zweites kommt hinzu: Du sollst deinen Nächsten lieben
wie dich selbst. Kein anderes Gebot ist größer als diese beiden." (Markus 12, 31).
Es bleibt noch hinzuzufügen, daß
dieses Gebot auch im Alten Testament zu finden ist: "Du sollst in deinem
Herzen keinen Haß gegen deinen Bruder tragen. Weise deinen Stammesgenossen
zurecht, so wirst du seinetwegen keine Schuld auf dich laden. An den Kindern
deines Volkes sollst du dich nicht rächen und ihnen nichts nachtragen. Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Ich bin der Herr."
(Levitikus 19, 17–18)
Deshalb verlangt sowohl das Zweite Gebot genauso wie das Erste Gebot
Großzügigkeit und Selbstaufopferung, und "An diesen beiden Geboten hängt das gesamte Gesetz
und die Propheten".
(III) Wir kommen zu dem
Gemeinsamen Wort zwischen uns und Ihnen
Ein gemeinsames Wort
24
In Anerkennung der Tatsache, daß
der Islam und das Christentum offensichtlich unterschiedliche Religionen sind –
und in Anerkennung der Tatsache, daß man die formalen Unterschiede nicht
minimieren kann – ist dennoch klar, daß im Bereich der "beiden wichtigsten
Gebote" Gemeinsamkeiten und Verbindungen zwischen dem Koran, der Thora und
dem Neuen Testament bestehen. Was den beiden Geboten in der Thora und dem Neuen
Testament vorausgeht und was aus ihnen erwächst ist die Einzigkeit Gottes – daß
es nur einen Gott gibt. Denn die Shema der Thora beginnt mit den Worten: (Deuteronomium 6, 4) "Höre,
Israel! Jahwe, unser Gott, Jahwe ist einzig!" Ebenso hat Jesus gesagt: (Markus 12, 29) "Das erste (Gebot) ist: Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der einzige Herr." In gleicher Weise sagt Gott im
Heiligen Koran. "Sprich:
,Er ist Allah, der Einzige; Allah, der Unabhängige und von allen
Angeflehte.'" (Reinheit des Vertrauens, 112:1–2). Deshalb stellen die Einzigkeit
Gottes, die Liebe zu Ihm und die Liebe zum Nächsten eine gemeinsame Basis dar,
auf der der Islam und das Christentum (und der Judaismus) gegründet sind.
Das kann auch gar nicht anders
sein, denn Jesus hat gesagt (Matthäus 22, 40): "An diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz
samt den Propheten". Darüber hinaus hat Gott im Heiligen Koran bestätigt, daß Mohammed
nichts fundamental oder wesentlich Neues gebracht hat: "Nichts anderes wird dir
(Mohammed) gesagt, als was schon den Gesandten vor dir gesagt ward." (Der
Goldschmuck, 41:43) Und: "Sprich
(Mohammed): "Ich bin keine neue Erscheinung unter den Gesandten, und ich
weiß nicht, was mit mir oder mit euch geschehen wird. Ich folge bloß dem, was
mir offenbart ward; und ich bin nur ein aufklärender Warner." (Die
Dünen, 46:9).
Ebenso bestätigt Gott im Heiligen Koran, daß die gleichen ewigen Wahrheiten
über die Einzigkeit Gottes, über die Notwendigkeit einer totalen Liebe zu und
Hingabe an Gott (und damit die Ablehnung aller falschen Götter) und die
Notwendigkeit der Liebe zu den Mitmenschen (und damit Gerechtigkeit) allen
wahren Religionen zugrunde liegen:
"Und in jedem Volke
erweckten Wir einen Gesandten (der da predigte): "Dienet Allah und meidet
den Bösen." Dann waren unter ihnen einige, die Allah leitete, und es waren
unter ihnen einige, die sich Verderben zuzogen. So reiset umher auf der Erde
und seht, wie das Ende der Leugner war!" (Die Biene, 16:36)
"Wahrlich, Wir schickten Unsere Gesandten mit klaren Beweisen und sandten
mit ihnen das Buch und das Maß herab, auf daß die Menschen Gerechtigkeit üben möchten."
(Das Eisen, 57:25)
Kommen Sie zu einem gemeinsamen Wort!
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Im Heiligen Koran sagt der Allerhöchste Gott den Muslimen, sie sollten den folgenden Aufruf an die Christen (und Juden – die Völker der Bibel) richten: "Sprich: ,O Volk der Schrift (Bibel), kommt herbei zu einem Wort, das gleich ist zwischen uns und euch: daß wir keinen anbeten denn Allah und daß wir Ihm keinen Teilhaber zur Seite stellen und daß nicht die einen unter uns die anderen zu Herren nehmen statt Allah.' Doch wenn sie sich abkehren, dann sprecht: ,Bezeugt, daß wir uns (Gott) ergeben haben.'" (Das Sippe Imrans, 3:64) Ganz klar beziehen sich die gesegneten Worte "daß wir Ihm keinen Teilhaber zur Seite stellen" auf die Einzigkeit Gottes. Ganz klar bezieht sich auch das "keinen anbeten denn Allah" auf die völlige Hingabe an Gott und damit an das "Erste und Wichtigste Gebot".
Laut einem der ältesten und maßgeblichsten Kommentare (tafsir) zum Koran (Jami Al-Bayon fi Tawill Al-Quran von Abu Jafar Muhammed bin Jari Al-Tabri (d. 310 A.H. / 923 C.E.) – bedeutet dies, "daß niemand von uns sich andere Götter als Gott nehmen soll" sowie "daß niemand etwas befolgen soll, was sich gegen die von Gott gegebenen Gebote richtet" und daß niemand sich "vor anderen (Göttern, Anm. der Redaktion) so verbeugt, wie er es vor Gott tut". Mit anderen Worten bedeutet dies, daß Muslime, Christen und Juden jeweils die Freiheit haben sollten, den von Gott gegebenen Geboten Folge zu leisten und sich nicht "vor Königen und ähnlichem verbeugen" zu müssen; (xxi) denn Gott sagt an anderer Stelle im Heiligen Koran: "Es soll kein Zwang sein im Glauben..." (Die Kuh, 2:256). Dies bezieht sich ganz unmißverständlich auf das Zweite Gebot und auf die Liebe zum Nächsten, wobei Gerechtigkeit (xxii) und Religionsfreiheit dabei eine ausschlaggebende Rolle spielen.
Gott sagt im Heiligen Koran: "Allah verbietet euch nicht, gegen jene, die euch nicht bekämpft haben des Glaubens wegen und euch nicht aus euren Heimstätten vertrieben haben, gütig zu sein und billig mit ihnen zu verfahren; Allah liebt die Billigkeit Zeigenden." (Die Prüfung, 60:8)
Aus diesem Grund laden wir als
Muslime die Christen ein, sich an Jesu Worte im Evangelium zu erinnern (Markus 12, 29–31): "...der Herr, unser Gott, ist der einzige Herr. Darum
sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele,
mit all deinen Gedanken und all deiner Kraft. Dies ist das erste Gebot. Als
zweites kommt hinzu: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Kein
anderes Gebot ist größer als diese beiden." Als Muslime sagen wir den Christen, daß wir nicht gegen
sie sind und daß der Islam nicht gegen sie – solange sie keinen Krieg aus
religiösen Gründen gegen Muslime führen, diese unterdrücken und aus ihren
Häusern vertreiben (in Übereinstimmung mit dem Vers des Heiligen Koran [Die
Prüfung, 60:8] wie oben zitiert). Darüber hinaus sagt Gott im Heiligen Koran: "Sie sind nicht (alle)
gleich. Unter dem Volke der Schrift ist eine Gemeinde, die fest (zu ihrem
Vertrag) steht; sie sprechen Allahs Wort in den Stunden der Nacht und werfen
sich nieder (vor Ihm). Sie glauben an Allah und an den Jüngsten Tag und
gebieten das Gute und verwehren das Böse und wetteifern miteinander in guten
Werken. Und sie zählen zu den Rechtschaffenen. Und was sie Gutes tun, nimmer
wird es ihnen bestritten; und Allah kennt die Gottesfürchtigen wohl." (Sippe
Imrans, 3:113–115)
Ist das Christentum grundsätzlich
gegen den Islam? Im Evangelium sagt Christus: "Wer nicht für mich ist, der ist gegen mich; wer
nicht mit mir sammelt, der zerstreut. (Matthäus 12, 30) "Denn wer
nicht gegen uns ist, der ist für uns." (Markus 9:40) "Denn wer
nicht gegen euch ist, der ist für euch." (Lukas 9, 50)
Dem seligen Theophylacts
"Erklärungen des Neuen Testamentes" zufolge (xxiii) sind diese Äußerungen kein
Widerspruch, denn die erste Aussage (in dem tatsächlichen griechischen Text des
Neuen Testaments) bezieht sich auf Dämonen, während sich die zweite und dritte
Aussage auf die Menschen bezieht, die Jesus anerkannt haben, aber keine
Christen waren. Die Muslime erkennen Jesus Christus als den Messias an,
allerdings nicht in der gleichen Weise, wie es die Christen tun (aber auch die
Christen sind sich nie alle über die Natur Jesu Christi einig geworden),
sondern in der folgenden Weise: "Der Messias, Jesus, Sohn der Maria, ist ein Gesandter
Gottes und Seines Wortes, das er niedersandte auf Maria, und ein Geist von (from) Ihm." (Die Frauen,
4:171) Deshalb
laden wir die Christen ein, Muslime nicht als "gegen" sie gerichtet
zu sehen, sondern als "mit" ihnen, so wie es mit den Worten Jesu
Christi hier übereinstimmt.
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Schließlich möchten wir als
Muslime, gehorsam gegenüber dem Heiligen Koran, die Christen bitten, mit uns in
den übereinstimmenden Grundlagen unser beider Religionen zusammenzukommen,
"...daß wir keinen anbeten denn Allah und daß wir Ihm keinen Teilhaber zur
Seite stellen und daß nicht die einen unter uns die anderen zu Herren nehmen
statt Allah". (Das Sippe Imrans, 3:64)
Lassen Sie uns diese gemeinsamen Grundlagen
als Basis für jeglichen zukünftigen interreligiösen Dialog zwischen uns nehmen,
denn an diesen gemeinsamen Grundlagen hängt "das ganze Gesetz samt den Propheten" (Matthäus
22, 40). Gott
sagt im Heiligen Koran: "Sprecht (Ihr Muslime): ,Wir glauben an Allah und an das,
was uns offenbart worden ist, und was Abraham und Ismael und Isaak und Jakob
und den Stämmen offenbart wurde, und was Moses und Jesus empfingen, und was die
Propheten von ihrem Herrn empfingen. Wir machen keinen Unterschied zwischen ihnen;
und wir habe uns Ihm ergeben.' Und wenn sie glauben, wie ihr geglaubt habt;
dann sind sie rechtgeleitet; kehren sie jedoch um, dann bringen sie Spaltung,
aber Allah wird dir sicherlich genügen gegen sie, denn Er ist der Allhörende,
der Allwissende." (Die Kuh, 2:136–137).
Zwischen Ihnen und uns
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Die Suche nach Gemeinsamkeiten
zwischen Muslimen und Christen ist nicht einfach eine Frage des höflichen
ökumenischen Dialogs zwischen ausgewählten religiösen Führern. Das Christentum
und der Islam sind die größte beziehungsweise die zweitgrößte Religion in der
Welt und in der Geschichte. Christen und Muslime stellen nachweislich mehr als
ein Drittel beziehungsweise mehr als Fünftel der Menschheit. Gemeinsam machen
sie 55 Prozent der Weltbevölkerung aus, und damit ist die Beziehung zwischen
diesen beiden Religionsgemeinschaften der wichtigste Faktor, um zu einem
bedeutungsvollen Frieden auf der ganzen Welt beizutragen. Wenn Muslime und
Christen nicht miteinander im Frieden leben, kann es auf der Welt keinen
Frieden geben. Angesichts der schrecklichen Waffen auf der Welt, angesichts der
nie zuvor dagewesenen Verflechtung zwischen Muslimen und Christen kann keine
Partei einseitig einen Konflikt gewinnen, in den mehr als die Hälfte der
Weltbevölkerung involviert sein würde. Deshalb geht es um unsere gemeinsame
Zukunft. Vielleicht steht sogar das reine Überleben der Welt auf dem Spiel.
Und all diejenigen, die dessen
ungeachtet um ihrer eigenen Zwecke Willen in Konflikten und Zerstörung
schwelgen oder der Ansicht sind, letztendlich aus diesen Gewinn ziehen zu
können, wollen wir sagen, daß auch unsere unsterblichen Seelen auf dem Spiel
stehen, wenn wir keine aufrichtigen Anstrengungen unternehmen, Frieden zu
schließen und einander einvernehmlich begegnen. Gott sagt im Heiligen Koran: "Allah gebietet
Gerechtigkeit und uneigennützig Gutes zu tun und zu spenden wie den Verwandten;
und Er verbietet das Schändliche, daß offenbar Schlechte und die Übertretung.
Er ermahnt euch, auf daß ihr es beherzigt." (Die Biene, 16:90). Jesus Christus hat gesagt: "Selig, die Frieden
stiften... (Matthäus 5, 9), und ebenso: "Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt
gewinnt, dabei aber seine Seele verliert?" (Matthäus 16, 26).
Deshalb sollten unsere
Differenzen nicht zu Haß und Streit zwischen uns führen. Laßt uns vielmehr
miteinander um Rechtschaffenheit und gute Werke wetteifern. Laßt uns einander
respektieren, laßt uns fair, gerecht und freundlich zueinander sein, laßt uns
in einem echten Frieden, in Harmonie und in gegenseitigem Wohlwollen
miteinander leben. Gott sagt im Heiligen Koran: "Wir haben dir das Buch hinabgesandt mit der
Wahrheit, als Erfüllung dessen, was schon in dem Buche war, und als Wächter
darüber. Richte darum zwischen ihnen nach dem, was Allah hinabgesandt hat, und
folge nicht ihren bösen Neigungen gegen die Wahrheit, die zu dir gekommen ist.
Einem jeden von euch haben Wir eine klare Satzung und einen deutlichen Weg
vorgeschrieben. Und hätte Allah gewollt, Er hätte euch alle zu einer einzigen
Gemeinde gemacht, doch Er wünscht euch auf die Probe zu stellen durch das, was
Er euch gegeben. Wetteifert darum miteinander in guten Werken. Zu Allah ist
euer aller Heimkehr; dann wird Er euch aufklären über das, worüber ihr uneinig
wart." (Der Tisch, 5:48) Wal-Salaamu ,Alaykum'
Pax Vobiscum
© 2007 C.E., 1428 A.H.
Das Königliche Aal al-Bayt
Institut für Islamisches Gedankengut, Jordanien
Nicht autorisierte
Arbeitsübersetzung aus dem Englischen von Margret Still